Resilienz in Zeiten des Coronavirus (71)
Resilienz während der Coronakrise, Teil 2
Die Zeit während des Lockdowns und während der Lockerung der Corona-Massnahmen erleben die Menschen ganz unterschiedlich. Jüngere Menschen sind verletzlicher als ältere.
Pro Mente Sana fragt in einer aktuellen Studie: Wie geht's dir? Daraus entstand ein Atlas der Emotionen. Dieser zeigt, dass trotz Corona-Situation ein positives Grundgefühl vorherrscht. Über Gefühle spricht man in der Deutschschweiz gerne – jedoch nur über positive. Negative Gefühle werden verschwiegen.
60 Prozent der 15- bis 24-jährigen Befragten gaben Ende Mai an, die Corona-Krise habe sich negativ auf ihr Befinden ausgewirkt. Sie fühlten sich gestresst, unter Druck, und sie ängstigten sich um ihre Zukunft. Die Studie zeigt, dass junge Erwachsene in ihrem Alltag durchschnittlich 18 Gefühle erleben, Rentnerinen und Rentner hingegen nur noch 10. Mit zunehmendem Alter reduziert sich also das emotionale Spektrum. Junge Frauen wiederum erleben häufiger und mehr negative Emotionen: Während ältere Frauen in ihrem Alltag durchschnittlich vier negative Gefühle erleben, sind es bei jungen Frauen ganze elf. Wie erklärt sich das? Die Jungen sind in einer weit unsichereren Situation als die Älteren, die jeden Monat ihre Rente erhalten. Junge erleben mehr kritische Lebensübergänge, wollen von zu Hause ausziehen und suchen eine bezahlbare Wohnung. Sie müssen eine Lehrstelle oder eine Arbeit finden und dazu noch eine Liebe. Das war schon vor dem Virus schwierig, jetzt aber ganz besonders.
Lebenserfahrung ist ein wichtiger Resilienzfaktor, denn jede bewältige Krise stärkt unsere Resilienz (das sind positive Selbstwirksamkeitserfahrungen). So haben viele Ältere gelernt, mit der Unsicherheit von Krisen umzugehen, und sie haben gelernt, zu verzichten. Sie haben aber auch die Zuversicht gewonnen, dass der Mensch klug und anpassungsfähig genug ist, um eine weitere Krise zu bewältigen. Sie selber sind der beruhigende Beweis dafür.
Für unsere Gesundheit ist es wichtig, dass man auch über negative Emotionen sprechen kann. Das entlastet und macht Hilfe erst möglich. Damit wir uns auch in schwierigen Lebenslagen getrauen über unsere Situation zu sprechen, brauchen wir Menschen, die bereit sind, uns zuzuhören. Und wir brauchen eine Gesellschaft, die im Zulassen von Schwäche eine Stärke erkennt. Pro Mente Sana zeigt, wie wir uns auch in der aktuellen Situation Sorge tragen können.
Der zentrale Resilienzfaktor sind die verlässlichen Bezugspersonen - für Kinder und Jugendliche, jüngere und ältere Erwachsene. Suchen wir also das Gespräch miteinander. Tauschen wir uns aus. Holen wir uns bei Bedarf Hilfe und bieten wir sie auch gegenseitig an. Die ernst gemeinte Frage «Wie geht’s dir?» kann dabei ein wichtiger Türöffner sein.
Und Sie? Wie geht es Ihnen? Schreiben Sie an
Bleiben Sie gesund und bleiben Sie verbunden.
Ihre Regula Hug
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