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Resilienz in Zeiten des Coronavirus (31)

SpielenalsRitual

Von der Kraft der Rituale

Mit kleinen Alltagsritualen können wir Schritt für Schritt wieder Halt im Leben finden. Rituale vermitteln uns in unbekannten oder ungewissen Situationen Sicherheit und Geborgenheit. Mit ihrer Hilfe können wir Ordnungen wiederherstellen, wo sie nicht mehr als Struktur vorhanden sind. Die Kraft von Ritualen stärkt unseren sozialen Zusammenhalt.

Ueli Schwarzenbach hat mich gestern angerufen. Er erzählt, wie für ihn und seine Familie seit dem 16. März 2020 alles anders, ja durcheinander ist, und dass die tägliche Routine fehlt. «Niemand weiss, wie es nach der Corona-Auszeit weiter geht, wir können es nicht wissen», sagt er. «Wir alle brauchen jetzt Vertrauen in die Zukunft. Das schaffen wir mit Geduld und Zeit füreinander. Indem wir die Kontakte pflegen und uns gegenseitig anrufen. Ein neues Ritual des Telefonierens nimmt Platz ein im Familienalltag.» Ueli beobachtet, wie sich vergessene Ferien-Rituale fast unbemerkt im jetzigen Corona-Alltag einstellen. Plötzlich spielt die Familie am Abend altvertraute Gesellschaftsspiele. Und jeden Morgen machen sie in der Familie ab, wann was stattfindet und schreiben dann eine To-Do-Liste.

Wir pflegen wahrscheinlich schon seit vielen tausend Jahren haltgebende Rituale. Wenn ein Kind gestürzt, sein blutendes Knie gereinigt und mit einem Pflaster verbunden ist, begleiten wir seine Gesundung mit einem Heilungsritual, indem wir «heile heile säge» singen. Ob in der Kirche oder in der Meditationsgruppe - wir pflegen auch spirituelle Rituale, die uns Halt geben im Leben. Übergangsrituale begleiten uns von einer Lebensphase in die andere. Beim Schuleintritt erhalten die Kinder eine besondere Schultasche und wir begleiten sie am ersten Tag in die Schule. Wenn ein Paar eine Familie gründen will, begleiten wir die Heirat mit einem Fest und verschiedenen Ritualen. Rituale rund um eine Beerdigung helfen uns, den Verstorbenen «hinüber» zu begleiten. Dabei helfen wir den Hinterbliebenen auch gegenseitig, im neuen, noch unbekannte Leben ohne den liebgewonnenen Menschen Schritt für Schritt anzukommen.

Jetzt, während der Corona-Auszeit, haben kleine, auch unscheinbare Rituale eine grosse Bedeutung für uns. Sie helfen uns, den fremden Alltag selbst aktiv mitzugestalten und zu kontrollieren. Regelmässige Tageszeiten zum Vorlesen, Singen oder Spielen fördern unser Geborgenheitsgefühl und den Zusammenhalt. Auch die neuen Begrüssungs- und Hygienemaßnahmen werden zu einem festen Ritual in unserem Alltag. Rituale helfen uns also dabei, den Tagesablauf so zu strukturieren, dass wir ihn nach einer gewissen Zeit als (fast) normalen Alltag erleben und damit vertraut werden. Und das gibt uns Halt, Sicherheit und Geborgenheit.

 

Und Sie? Welche Rituale geben Ihnen Halt im ungewohnten Alltag? Schreiben Sie an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Bleiben Sie gesund und bleiben Sie verbunden. Ihre Regula Hug

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