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Mit Resilienz in die Zukunft (2)

Zivilcourage

Zivilcourage

Als ich kürzlich den Film über Hannah Arendt wiedersah, begann ich mit mir selbst ein Gespräch über Zivilcourage zu führen. Arendts Bericht über den Prozess gegen den SS-Führer Eichmann im Jahr 1961 bzw. 1963 rief damals mehrere langanhaltende Kontroversen hervor.

Wie Victor Frankl ist Arendt der Ansicht, dass es auch unter widrigsten Umständen, beispielsweise einer totalitären Herrschaft, Wahlmöglichkeiten und damit ein moralisches Verhalten des Einzelnen und der Gruppe gibt. Der Duden bezeichnet mit Moral die «Werte, die das zwischenmenschliche Verhalten einer Gesellschaft regulieren und die von ihr als verbindlich akzeptiert werden» und damit das «Selbstvertrauen» und die «Bereitschaft, sich einzusetzen». 

Arendt zeigt in ihrem Bericht auf, wie ein Widerstand der Bevölkerung und der einheimischen Administration vielen Juden das Leben rettete, während die bedingungslose und vorauseilende Zusammenarbeit den Nazis das Morden erleichterte. Arendt formuliert den Begriff «Banalität des Bösen», als eine menschliche Verruchtheit, vor der das Wort versagt und das Denken scheitert. Die grosse Kontroverse um die schockierende Mittelmässigkeit eines Menschen, der mit erschütternden Taten (ohne Zivilcourage!) ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, beleuchtet die Frage, inwiefern Arendt verkannt habe, dass Eichmann ein Lügengewebe als Verteidigungsstrategie benutzt habe, um die Richter von der Unwichtigkeit und Geringfügigkeit seiner eigenen Person zu überzeugen. 

Die aktuelle Wirklichkeit übertrifft unsere Vorstellungen (zitiert aus Buchzeit Herbst 2020), womit beide Argumente eine wichtige Bedeutung erhalten: Sowohl die Banalisierung als auch die Verleugnung der deutlich wahrnehmbaren Symptome unser aktuellen Krisen wie die Klimaerwärmung oder die Covis19-Pandemie. «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen», soll Martin Luther einst gesagt haben. Daraus stellen sich für mich Fragen, mit denen wir uns ernsthaft auseinandersetzen sollten. Der Neurobiologe Joachim Bauer sagt: Wir haben einen freien Willen – es ist unsere Verantwortung, wie wir handeln. 

Arendt definiert das Denken als einen stillen Dialog zwischen mir und mir selbst. Sie sagt: «Die entscheidende Fähigkeit, die einen Menschen ausmacht, ist die Fähigkeit selbst zu denken.» Wenn wir uns weigern zu denken, schafft dies die Voraussetzung, Abscheuliches zu tun oder menschliches Handeln zu unterlassen. Arendt hofft, dass das Denken den Menschen die Kraft gibt, eine mögliche Katastrophe zu verhindern, auch wenn schon alles verloren scheint. Vielleicht gibt es noch etwas, etwas zwischen Widerstand und Passivität, das uns ermöglicht, uns anders zu verhalten und damit neue Impulse zu setzen.

«Wenn dir etwas schwer fällt, finde heraus, warum. Und dann tu was dagegen», sagte Hedy Lamarr, als sie 22 Jahre alt war. Sie war Schauspielerin und, was erst seit Kurzem bekannt ist: Erfinderin des Frequenzsprungverfahrens, das heute für verschlüsselte Kommunikationstechnologien genutzt wird (Raumfahrt, W-Lan, GPS, Bluetooth, ...)

Was denken Sie - worin könnte der Zwischenraum zwischen Widerstand und Passivität bestehen? Schreiben Sie an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

 

Bleiben Sie gesund und bleiben Sie verbunden
Ihre Regula Hug 

 

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