Empathie. Wie Resonanz, Mitgefühl und Perspektivübernahme unsere Resilienz stärken
Dank unserer Fähigkeit zu Denken und Fühlen können wir uns in der Welt orientieren und mit anderen Menschen gemeinsam leben. Doch wie viel Empathie braucht eine Gesellschaft? Ab wann wird Empathie zum Problem?
Gert Scobels Diskussion mit der Neurowissenschaftlerin und Psychologin Tania Singer und dem Soziologen und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa hat mich überrascht. Dass wir mindestens drei Arten von Empathie kennen, dass diese auch Schattenseiten haben und wie man diesen begegnen kann, ist eine neue Erkenntnis für mich.
Hier für Sie eine Zusammenfassung der Sendung über die verschiedenen Aspekte von Empathie.
Menschlich sein und sich in andere hineinversetzen, stärkt unsere Resilienz
«Empatheia» ist griechisch und bedeutet so viel wie «Einfühlung». Es ist ein Unterschied, ob ich wahrnehme, wie ein anderer fühlt, oder ob ich überlege, was ein anderer denkt. Beides kann Menschen dazu bringen, anderen zu helfen. Doch mit Empathie gelingt dies spontaner und umfänglicher. Diese Resonanz ist unser gesellschaftlicher Klebstoff, bringt uns zusammen. Scobel, Singer und Rosa unterscheiden drei Formen von Empathie:
- Emotionale Resonanz (mit jemand anderem mitfühlen, mit den Gefühlen mitschwingen) ist ein lebenslanger Lernprozess. Die emotionale Empathie ist eine Antwortfähigkeit, mit der wir uns berühren und auf eine andere Perspektive einlassen. Emotionale Resonanz bedeutet, (auch mit Widerspruch) antworten können.
- Mitgefühl (engl. compassion) drückt sich in motivierten Gefühlen der Fürsorge und Wärme aus, die zu einer Handlung zum Wohl des anderen führen.
- Kognitive Perspektivübernahme (auch als Mentalisieren bekannt: ich glaube zu wissen, was du fühlst) hilft, sich in Gedanken in die Situation des anderen hineinzuversetzen.
Die fragilen Seiten von Empathie
Empathie nur in der Ingroup: Empathie hat auch fragile Aspekte: In der ingroup (mein Fussballclub») oder Schadenfreude der outgroup gegenüber (geschieht dem anderen Fussballclub ganz recht oder im Nationalsozialismus) untergraben die eigene Empathie- und Resonanzfähigkeit. Erst mit Resonanz, Mitgefühl und Perspektivübernahme auch anderen gegenüber können wir erkennen, dass wir alle Menschen sind.
Zu viel Empathie: Besonders einfühlende Menschen sind stärker gefährdet für Depressionen und Gefühle wie Hoffnungslosigkeit. Empathischer Stress kann im beruflichen Kontext entstehen, z.B. in der Medizin (Care-Berufe) oder in der Schule (wo die verlässliche Lernbeziehung zentral ist). Wenn ich nicht mehr unterscheide, dass der Schmerz des anderen nicht meiner ist, auch wenn ich ihn fühle, kann zu viel empathischer Stress die eigene Resilienz gefährden.
Zu wenig Empathie: Menschen ohne Empathie hingegen neigen eher dazu, egoistisch zu sein und ihr eigenes Wohl ins Zentrum zu stellen. In Gesprächen hören sie häufig nur oberflächlich zu. Wer sich nicht in andere hineinversetzen kann, hat es schwer, emotionale Nähe herzustellen und stabile Beziehungen aufzubauen. Mangelnde Empathie geht oft mit antisozialem Verhalten einher wie Mobbing, Gesetzesverstößen, Gewalt, Vorurteilen oder Rassismus. Oft verwenden sie die kognitive Perspektivübernahme, die durch fehlende Resonanz und Mitgefühl einen manipulativen Charakter erhält, wie es beispielsweise auch die Werbung nutzt.
Ein toller Nebeneffekt: mit der Fähigkeit zu Mitgefühl stärken wir auch unsere Resilienz
Scobel, Singer und Rosa stellen verschiedene spannende Studien zur Förderung von Empathie vor. Eine sehr wirksame ist das Cov-Social-Projekt mit einer simplen App. Das Projekt unterscheidet sich von anderen Studien, die nur die Achtsamkeit in den Fokus nehmen, denn das Cov-Social-Projekt bindet die Kraft der dyadischen Beziehung ein, also die Resonanz zwischen zwei Menschen. Diese Erweiterung stärkte sowohl das Mitgefühl als auch die Fähigkeit zur kognitiven Perspektivübernahme anderen Menschen und sozialen Schichten gegenüber. Bereits nach 10 Wochen dyadischen Trainings (pro Tag 12 Minuten sozio-emotionale, achtsamkeitsbasierte Partnerübungen) konnten die Teilnehmenden ihre Fähigkeit zu Mitgefühl und damit ihre Resilienz deutlich stärken.
Und da Resilienz, die elastische Widerstandskraft, uns wirklich hilft, die Hürden des Lebens zu bewältigen, ist das eine sehr gute Nachricht!
Gert Scobels Fazit:«Eine freundliche Weltgesellschaft, die auf Anerkennung basiert, ist möglich. Wir müssen sie nur wollen.»
Die ganze Sendung über Empathie finden Sie hier https://www.3sat.de/wissen/scobel/scobel---die-dunkle-seite-der-empathie-100.html
Mehr zur Cov-Social-Studie https://www.covsocial.de/
Mehr zur Resonanz-Theorie https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/resonanz-der-schluessel-zur-welt/
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